Im August 1979 nahmen Walter Schwebel (ASC Darmstadt) und Heinrich Peters (Orplid Darmstadt) eine Idee des Deutschen Sportbundes (DSB) auf, in Kleingruppen ein zwangloses Laufen durch Darmstadts herrliche Wälder anzubieten. Losgelöst von irgendwelchen Vereinszwängen mit Formalien und Verwaltungsaufwand. Der Darmstädter Lauf-Treff war geboren – und ist bis heute eine feste Darmstädter Institution. Mehr als nur Joggen, Walken und Nordic Walken! Es sind Freundschaften entstanden und der Lauf-Treff ist zu einer Gemeinschaft geworden.
Inzwischen bietet der Darmstädter Lauf-Treff bis zu 20 verschiedene Leistungsgruppen an, von 5,5 bis 6 km in der Stunde für Laufanfänger bis 13 km in der Stunde für leistungsstarke Läuferinnen und Läufer. Zudem gibt es ein Angebot für Walker und Nordic-Walker. An vier Tagen in der Woche, und dies von Januar bis Dezember, bewegt der Darmstädter Lauf-Treff unter der Leitung von ehrenamtlichen Betreuern, rund 300 Menschen aus Darmstadt und der Region in verschiedenen Geschwindigkeiten durch den Darmstädter Forst. Mitmachen kann jeder, mitlaufen oder walken. Das Grundprinzip fußt auf der Einteilung in verschiedene Leistungsgruppen, vom Ungeübten und Anfänger bis hin zu Geübten mit einer gewissen Lauferfahrung und zu leistungsorientierten Läufern.
Gewiss sind in den achtziger Jahren landauf landab viele Lauftreffs nach gleichem Muster entstanden, nämlich ein zwangloses Laufen Gleichgesinnter mit Spaß an der Bewegung in der Natur. Bei jedem Wetter. Dabei hat sich der Darmstädter Lauf-Treff zu einem der bestorganisierten Lauf-Treffs in Deutschland entwickelt. Sportfunktionäre aus aller Welt haben sich dieses Laufmodell am Rande der 140.000 Einwohner zählenden Großstadt im Südhessischen angeschaut und mit vielen Eindrücken in ihre Heimatländer zurückgekehrt und zur Nachahmung geschritten. Vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) wurde der Darmstädter Lauf-Treff als Vorzeigeprojekt mit dem Gütesiegel „Sehr gut“ ausgezeichnet. Als zweitältester Lauftreff Deutschlands ist der Darmstädter Lauf-Treff gewiss wegweisend, aber auch zukunftsorientiert aufgestellt.
Zum 50. Geburtstag haben sich die Lauf-Treff-Macher die Frage gestellt: „Was wäre der Darmstädter Lauf-Treff ohne unseren schönen Wald?“ Die Antwort mündete in eine Spendenaktion für die ökologische Aufwertung von Waldrändern im tangierten Laufrevier. Die mit dem Revierförster und Waldpädagogen Lennart Kersting bezifferten 3000 Euro Spendengelder sollen den Lebensraum „vor unserer Haustür“ sichern bzw. aktivieren helfen.
Im Laufe der Jahre konnten zahlreiche Events begleitet werden, wie der vom DLV initiierte RUN-UP im Herrngarten als Auftaktveranstaltung in die Laufsaison, diverse Lauf- und Unterstützungsangebote wie beim Darmstädter Stadtlauf des Gründungsvereins ASC Darmstadt – oder einfach geführte Läufe und Wanderungen.
Und einer dieser geführten Läufe ist der Hutzellauf. Der Begriff „Hutzeln“ bezeichnet im südhessischen Sprachgebrauch die getrockneten Früchte des Hutzelbirnbaums. Im Odenwald stellten diese Früchte einst ein bedeutendes Wirtschaftsgut dar. Sogar in Ortsbezeichnungen wurde der Begriff „Hutzeln“ übernommen. Auf diese Art konnte man erkennen, an welchen Stellen die Hutzelbäume wuchsen und auf welchen Wegen ihre Früchte zum Verkauf transportiert wurden. So hat der Weg von der Kuralpe über die Neutscher Höhe nach Darmstadt seinen Namen „Hutzelstraße“ erhalten.
Aus pädagogischen Gründen kam der Darmstädter Sportlehrer Siegfried Schmitt, zugleich auch Sportwart im renommierten Leichtathletik-Verein ASC Darmstadt, im Frühjahr 1979 auf die Idee, die Schülerinnen und Schüler aller 9. Klassen der Darmstädter Schulen zu einem langen Landschaftslauf zu motivieren. Als „Hutzellauf der Schüler“ führte die 18 km lange Strecke über die Hutzelstraße von der Kuralpe zum Darmstädter Goethefelsen und dann weiter zur Böllenfalltorhalle. Dieser sportliche Gedanke hat den damaligen Vorsitzenden des Kreisverbandes Darmstadt der Deutschen Olympischen Gesellschaft Günther Metzger, der später sogar als Oberbürgermeister Darmstadts die politischen Geschicke lenkte, inspiriert, ein Jahr später auch die verschiedenen Darmstädter Lauftreffs zu einem Hutzellauf einzuladen.
Unter dem Motto „Gesundheit ist nicht alles, aber alles ist nichts ohne Gesundheit“ nahmen am 25.Oktober 1980 etwa 300 Läuferinnen und Läufer am ersten Hutzellauf teil. Ohne Erfolgsdruck und Zeitmessung. „Lauf-Vergnügen“ schrieb das Darmstädter Echo seinerzeit!
Bis heute, in Zeiten von GPS-Uhren und Sport-Trackern, fühlt sich der Darmstädter Lauf-Treff diesem sportlichen Grundgedanken verbunden. „Auch in seiner 40. Auflage am im Jahr 2019 ging es beim Hutzellauf nicht um Rekorde und Zeiten – vielmehr steht das Entschleunigen vom Alltag und das Laufen mit Gleichgesinnten durch die wunderschöne Landschaft im Vordergrund!“ steht auf der Website des Darmstädter Lauf-Treffs trefflich formuliert. Angeboten werden dabei eine 19 km-Strecke von der Kuralpe und eine 14 km-Strecke von Frankenhausen aus. Die Hutzelläufer werden dabei mit Bussen zu den jeweiligen Startorten gebracht.
Traditionell wird der Hutzellauf durch das anschließende gemütliche Beisammensein der Teilnehmer und Helfer abgerundet. Bei Kaffee und Kuchen, bei einem Bier oder Gläschen Sekt und bei guten Gesprächen werden die Kraftreserven wieder aufgefüllt und das besondere Sporterlebnis findet einen entspannten Abschluss. Zur Jubiläumsparty am kommenden Samstag (21. September) mit dem Hutzellauf als sportliches Highlight wird übrigens auch Darmstadts Oberbürgermeister Hanno Benz erscheinen, vielleicht auch mit Laufschuhen, denn das Stadtoberhaupt ist bekennender Marathonläufer.